„Bist dir sicher, dassd dorthin magst?“ „Dort steckst dich ja nur an!“ „Geh, die ham so hohe Zahlen, dort darf ja niemand einreisen.“ Vor meiner Abreise nach Portugal habe ich mir von Familie und Freunden einiges anhören können, Gerüchte, wie auch Fakten drückten die Sorgen von den Menschen aus, denen ich am Herzen liege. Aber gut, was fällt mir auch ein während einer Pandemie mein Erasmus+ Semester zu machen – ich musste ja „ein bisschen verrückt“ sein. Aber genau das war auch einer der Gründe genau jetzt weg zu gehen, etwas zu erleben, wenn das restliche Leben etwas monoton wurde, was neues zu entdecken, wenn in der Heimat alles geschlossen ist – und mit dieser Einstellung konnte ich dann endlich am 01. Februar 2021 in den Flieger nach Porto steigen, um die Stadt bald mein zweites zuhause nennen zu können!
Anfangs gestaltete sich die Zeit durchaus schwierig, ich war zu Beginn allein in einer Wohnung, kannte niemanden in einer fremden Stadt und auch in Portugal war das öffentliche Leben zu der Zeit stillgestanden. Über diverse Whatsapp/Facebook-Gruppen probierte man Anschluss zu finden, und so entwickelten sich erste kleine Freundschaften, auch wenn dies vielleicht etwas länger als unter normalen Umständen gedauert hat. Vor allem merkte man das Social Distancing in den Köpfen der Menschen mittlerweile nach fast einem Jahr Pandemie verankert war. Fremden Menschen begegnete man einfach anders. Doch nach ein paar Treffen hat sich auch diese Distanz gelegt, man begann sich zu umarmen, Bekanntschaften, die sich zu Freundschaften bzw. sogar zu Familien entwickelten, entstanden :) Nach spätestens einem Monat war von allein sein keine Spur mehr – und damit meine schlimmste Angst, welche ich beim Wegfahren hatte überwunden, die Herausforderung gemeistert. Seit 23. Februar habe ich bis kurz vor dem Ende keinen Tag mehr allein verbracht, auch wenn Treffen großteils nur draußen möglich waren.
Urlaube im Landesinneren ließen sich die nächsten Monate nun planen, aufgrund von Distance Learning war man auch relativ flexibel, Lehrveranstaltungen können auch vom Strand besucht werden ;) Da Portugal auch zwei Inselgruppen im Atlantik hat, blieb einem so auch eine große Auswahl an Dingen, die zu sehen sind.
Ab Anfang April haben dann auch Restaurants und Bars wieder geöffnet, das öffentliche Leben kehrte zurück und bald kannte man schon alle (jungen) Leute aus der Stadt. Nachdem wir ab Mitte April auch wieder Präsenzlehre hatten, lernte man auch die einheimischen Studenten kennen, und konnte so auch einige Einblicke in die heimische Kultur und Gesellschaft erhalten – von Corona war nahezu keine Spur mehr!
Prüfungen und Präsentationen standen nun an, auch die ließen sich im Mai und Juni meistern, die Zeit verging wie im Flug. Einige Besuche von Freunden aus der Heimat waren eine wunderschöne Abrundung, um auch ihnen die eigenen Erfahrungen ein bisschen näher zu bringen und die extrem schöne und leiwande Zeit teilen zu können. Öffentliche Veranstaltungen, wie das Championsleague-Finale, welches in Porto stattfand, kulturelle Feste oder aber auch nur das Public Viewing der Europameisterschaft belebten die Stadt. Um die Zeit auch dauerhaft in Erinnerung zu halten, ließ ich mir sogar ein Tattoo stechen – „Saudade“ bedeutet nostalgisch an etwas zu denken, schöne Erinnerungen an etwas zu haben, seit 23. Juni ziert dieser Begriff nun meinen Körper um meine Begeisterung über diese außergewöhnlichen Erfahrungen Ausdruck zu verleihen.
So wie jedes Semester hatte schließlich auch Erasmus+ sein Ende – doch es kam dann doch zwei Wochen früher als erwartet. Am Abend nach meiner letzten Prüfung erhielt eine Freundin von mir ihr positives PCR-Ergebnis. Zwei Tage später wurde auch ich positiv auf Covid19 getestet. SCHRECK – die Pandemie ist doch nicht vorbei. Ich lag ein paar Tage im Bett, glücklicherweise ging es mir, wie auch allen Freunden, die erkrankt sind, so gut, dass wir nicht stationär behandelt werden mussten. Danke hierbei an allen Leuten, welche uns mit Medikamenten und Lebensmitteln versorgt haben! Auch wenn der „Erasmus“-Cluster groß war, so blieben doch manche gesund und verschont und konnten den anderen helfen. Zehn Tage harrten wir in Quarantäne aus und brauchten auch die Zeit, um zu genesen. Es war auch eine Zeit des Reorganisierens des Heimatlebens. Schließlich, nachdem die Genesenen wieder aus den Wohnungen durften, war es allen wieder in den Gedanken: Das Corona-Virus ist immer noch allgegenwärtig. Natürlich wurden trotzdem Abschiedsfeiern gefeiert, nun aber Outdoor. Tränen sind trotz allem geflossen.
Mitte Juli trat ich schließlich meinen Heimflug an – tätowiert, genesen und 10000 Erfahrungen reicher. Es war eine Zeit des Sich-Selbst-Findens und auch des Neu-Erfindens. Ein Fliehen des Alltags in einen neuen. Es wurden wunderschöne, aber auch natürlich nicht so schöne Zeiten erlebt. Um aber ehrlich zu sein: Bei dem Lebensstil, den ich die vergangenen 5 Monate geführt habe, wundert es mich aber auch nicht, dass ich an Covid19 erkrankt bin. Aber so wurde auch das Teil meines leiwandsten Uni-Semesters, das ich hatte.
Es bleiben mir so nur mehr zwei Dinge zu sagen:
1. Es war eindeutig kein „Servus“ sondern ein „Auf Wiedersehen“!
2. Saudade Porto.