Ich würde sagen, dass ich diese Erfahrung für mich in drei Teile einteilen kann.
Teil eins: Ankunft, alles neu und Heimweh. Die ersten Tage waren nicht leicht für mich, ich weinte oft, wenn ich mit meinen Eltern telefonierte. Zusätzlich hatten wir die ersten beiden Tage nach unserem ersten Tag („Induction“) frei, wodurch ich zu viel Zeit hatte, darüber nachzudenken, wie lange 6 Wochen in einem fremden Land sind, dass dieser Betrieb sicherlich viel zu hohe Ansprüche an mich hätte und ich nichts können würde. Nach ein paar Arbeitstagen stellten sich diese Befürchtungen glücklicherweise als sehr übertrieben dar, was mir zeigte, dass ich mir ruhig mehr zutrauen kann und weniger nachdenken soll. Wir lebten uns ein, beim Arbeiten waren alle total nett und der Alltag wurde für mich normal. Durch diese Normalität folgte:
Teil zwei: Mein Durchhänger. Ich glaube, dass es nach circa 2 oder 3 Wochen war, dass ich unmotiviert war. Wir verbrachten viel Zeit nur zu zweit auf dem Estate, es war nicht mehr neu und aufregend und ich wünschte mir, mehr auch anderen Menschen zu unternehmen. (Zusätzlich arbeitete in vor Edinburgh neun Tage am Stück, wodurch ich körperlich und auch in Kopf recht erschöpft war) In dieser Zeit sagte ich auch einmal zu meiner Mama: „Alle tun immer so, als wäre die Zeit mit Erasmus+ das große Abenteuer, aber für mich ist es das nicht, eigentlich ist es momentan eher fad!“ (Ihre Antwort „Alles schaut immer toll aus, du kannst dir deine Zeit auch so machen, dass es nach dem Highland-Abenteuer ausschaut!“) Nach ein paar Tagen Durchhänger kam eine total nette Familie aus Deutschland, mit denen ich mich auf Anhieb gut verstand. Dadurch hatte ich wieder mehr Spaß, genoss das Arbeiten sehr und fing auch an, mich wirklich nett mit Gästen zu unterhalten. Nach dieser doch recht kurzen Phase kam:
Teil drei: Den Rest genießen! Ich kann nicht genau sagen, wann dieser Teil begann. Vielleicht war es der Kurzurlaub in Edinburgh oder es war schon ein paar Tage davor, als wir bis kurz vor vier (in der Früh) mit Kollegen und Kolleginnen zusammensaßen. Oder auch einfach meine Einstellung, ich wollte die tollen Voraussetzungen im Betrieb noch nutzen und eine möglichst tolle Zeit haben. Und das hatte und habe ich! Wir haben Städte gesehen, Tee getrunken und dazu Scones gegessen, die rostigen Räder abgestaubt, waren am und im Meer, besuchten die Highland Games, waren mit langen Hosen und Jacken auf einer „Karibik“-Mottoparty, freuten uns über jeden Sonnenstrahl, sind an die Westküste gefahren und haben viel Zeit mit netten Menschen verbracht.
In weniger als zwei Tagen wird es vorbei sein. Ich bin zwiegespalten: natürlich freue ich mich auf meine Familie, wobei ich glaube, dass die riesige Vorfreude noch am Heimweg kommen wird. Aber ich erlebe diese Tage im Bewusstsein, dass ich die meisten der Menschen, mit denen ich nette Freundschaften geknüpft habe, wahrscheinlich nie wiedersehen werde. Ich fühle mich irgendwie wie ein Schwamm und versuche, alles aufzusaugen, um mich möglichst gut an das Schloss, die wunderschöne Landschaft und alles andere erinnern zu können. Trotzdem probiere ich, nicht zu sehr auch die „letzten Male“ zu achten (letztes Mal großes Dinner am Samstag, letztes Mal Wäsche waschen, letztes Mal gemeinsam mit jemanden arbeiten) und genieße die kurze letzte Zeit.