Mein Name ist Heinrich, ich bin 36 Jahre alt und arbeite beruflich als Nachhaltigkeitsberater und Pressereferent bei einem Sport-Dachverband in Wien. Studiert habe ich Landschaftsplanung und -architektur an der BOKU Wien. Während meines Studiums habe ich es aus unterschiedlichen Gründen nie geschafft, ein Auslandssemester über Erasmus zu absolvieren – ein kleiner Wermutstropfen, den ich lange mit mir herumgetragen habe.
Ehrenamtlich engagiere ich mich seit fast fünfzehn Jahren als Funktionär und Trainer im Verein für gerüsteten Vollkontaktkampf Wien (VgVK Wien), dem ersten Medieval Combat-Sportverein Österreichs. Medieval Combat ist ein moderner Kampfsport mit mittelalterlicher Inspiration, der durch seine Spielartenvielfalt überzeugt und Menschen jeden Alters begeistert. Heute betreiben knapp vierzig Vereine mit rund 700 Aktiven diesen Sport in Österreich – und an dieser Entwicklung durfte ich selbst intensiv mitwirken.
Als ich Ende 2024 erfahren habe, dass Erasmus+ Sport auch für „nicht anerkannte Sportarten“ offensteht, habe ich die Chance genutzt und für meinen Verein ein Mobilitätsprojekt entwickelt. Mit der Bewilligung von „Enhancing Medieval Combat for Women“ hat nicht nur unser Verein Zugang zu Best-Practice-Beispielen in Deutschland erhalten – ich selbst bekam dadurch auch die Möglichkeit, Erasmus+ endlich ganz persönlich zu erleben und die verpassten Chancen meiner Studienzeit ein bisschen nachzuholen.
So startete ich am Freitag, den 27. Juli 2025, mit dem Railjet von Wien nach München – zum Auftakt unseres Projekts. Ziel war der Sword Gym München e.V. (SGM) in Markt Indersdorf, einer der ältesten Medieval Combat-Vereine Deutschlands. Das SGM bietet regelmäßige Trainings für Männer und Frauen an und organisiert seit Jahren den Steel Angels Cup, ein Turnier speziell für Frauen.
Ziel dieses Preparatory Visits war es, die Trainer:innen und Funktionär:innen des SGM außerhalb eines Wettkampfes kennenzulernen, Einblicke in ihre Vereinsarbeit zu erhalten und die weiteren Mobilitäten unseres Projekts gemeinsam vorzubereiten. Da bereits die Bewilligung das Projekts in der internationalen Medieval Combat-Community für viel Begeisterung sorgt, haben wir den Aufenthalt außerdem für einen Workshop mit Sportler:innen und Vereinsfunktionär:innen aus Deutschland genutzt. Als Moderator durfte ich Fragen aufgreifen wie: „Was macht ein Trainingsumfeld für Frauen ansprechend?“ oder „Welche Rahmenbedingungen braucht es, um Medieval Combat für weiblich gelesene Personen attraktiver zu machen?“ – Fragen, deren Ergebnisse uns wichtige Impulse für die Weiterentwicklung des Sports und mögliche Erasmus+ Nachfolgeprojekte liefern.
Besonders wertvoll waren für mich auch die Trainingsansätze des SGM. Das direkte Feedback der Sportlerinnen kann ich unmittelbar in den Trainingsbetrieb des VgVK Wien einfließen lassen. Nach drei intensiven Tagen voller Austausch und neuer Eindrücke blieb mir auf der Heimreise genügend Zeit, über die nächsten Schritte nachzudenken – und darüber, wie ich meine Erfahrungen in Wien weitergeben kann.
Das Gefühl der Wehmut über das verpasste Erasmus-Auslandssemester während des Studiums hat sich schon nach dieser ersten Reise mit Erasmus+ in ein Gefühl der Dankbarkeit verwandelt. Ich habe die Chance bekommen, doch noch internationale Mobilität zu erleben – diesmal im Kontext meines Ehrenamts und meines Sports.