Auch wenn ich nicht so viel gereist bin in meinem Leben und im Sommerurlaub meistens an den gleichen Orten bin, liebe ich es neue Städte, besonders die Megacitys bzw. Weltstädte zu erkennen. Gerade Berlin erwärmt mein Herz immer wieder aufs Neue (selbst im Winter bei Nebel) und natürlich müssen an dieser Stelle auch Credits an Prag und Budapest gehen, deren Schönheit ich bereits zumindest oberflächlich bei Kampfsportturnierreisen bewundern durfte.
Dementsprechend ist es wohl relativ absehbar, dass ich dezent ausgerastet bin, als ich den Erasmus Brief mit der Einladung zur Parisreise im März 2025 bekommen habe, wissend dass sogar eine meiner Lieblingslehrkräfte und vertraute Kollegen mit an Board sind.
Dennoch sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass ich Paris als Stadt, so schön ich die Bilder der Stadtkulisse in sämtlichen Medien - unter anderem einem meiner absoluten Lieblingsfilme - auch fand, nie so spannend oder faszinierend fand, wie beispielsweise London oder Tokio. Ich glaube wenn ich eine Reise in diese Städte gewinnen würde, müsste ich mir erstmal einen Tag und eine Nacht zur Euphorie Verarbeitung nehmen, bis das Überraschungsadrenalin gesunken ist. Auf Paris hab ich mich da eher des Kultes und des allgemeines Interessens wegen gefreut, aber dennoch... ich war gehyped.
Als ich dann nach einer Tageszugfahrt die Stadt bei Nacht betrat und es am nächsten Tag direkt zum Arc de Triomphe, anschließend die Champs-Élysées am Grand-Palais vorbei bis zum Louvre und anschließend durch den Rest der Innenstadt ging, fühlte ich mich erstmal im positiven Sinne wie erschlagen von den Eindrücken. Ob es die großen Monumente oder auch die "kleineren" Spektakel wie die Architektur der Hausreihen bzw. sämtliche Gärten und Cafés sind - von der überwältigenden Qualität der französischen Küche mal ganz zu schweigen - Paris fühlt sich durch und durch wie ein überdimensional größer Freizeitpark an. Wie ein realistisches Märchenland ohne Fabelwesen und anderen Fantasy Elementen... Wenn man in der Innenstadt bei in den Touristengebieten bleibt!
So ziemlich jeder Leser - ja, Frauen und diverse Geschlechter sind hier natürlich auch angesprochen :) - dürfte sich beim Titel gefragt haben: "Wer in aller Welt ist BOBBY STORM, was hat das mit einem Paradies zu tun und was soll das Mischen von Englisch und Deutsch?
Ich bin aktuell dabei mit meinen Freunden eine Punk Rock Band namens LINE 50 zu starten und einer unserer wichtigsten Songs wird das Lied "The Paradise Of Bobby Storm" werden, in dem es darum gehen soll, dass das Paradies unseres Lebens in diesem Universum weder in der stillen und bescheidenen Idylle noch in den pompösen Monumenten bzw. Größen liegt, sondern genau dort wo sich Gegensätze und vermeintliche Naturfeinde vereinen ohne sich gegenseitig krank zu machen. Also Natur- und Kulturlandschaften bei Ökologie und Nachhaltigkeit, Luxus und Bescheidenheit bei Besitz und Wohlstand, leger und vornehm beim menschliches Auftreten und anderen Beispielen.
Aus diesem Grund hab ich auch Berlin vorher schon als Lieblingsweltstadt erwähnt. Man mag über Berlin meckern und sich über Dreck und Assis ebenso beschweren, wie in Wien - was bei manchen Bezirken auch wohlbegründet ist - aber ich persönlich sehe in dieser Imperfektion eine Schönheit sondergleichen, die für mich eine Stadt überhaupt erst lebenswert und vor allem abwechslungsreich machen.
Und genau in diesem Aspekt scheitert für mich Paris kläglich.
Bewegt man sich nur ein Stück weit weg von den Touristenattraktionen trifft einen selbst in den noch eher teureren Wohngegenden, wo auch unsere Partnerschule lag, der Schlag wie stiefmütterlich man die Infrastruktur dort behandelt. In den Gebäuden, besonders in der Schule ist es oft kalt, die Straßen sehen trostlos aus, nur ein paar Meter von der malerisch schönen Sacré Coeur hat man kurz das Gefühl in den amerikanischen Slums gelandet zu sein - allgemein ist die Armut in Paris auf einem Level mit dem schäbigen Frankfurter Hauptbahnhof - und vom U-Bahn System will ich gar nicht erst anfangen. Jede Metro-Station sieht aus wie eine riesige Toilettenkabine, fast überall stinkts nach Urin und am Bahnhof friert man sich, wenn nicht Sommer ist, alle Gliedmaßen ab. Abgesehen davon sieht fast ALLES GLEICH AUS!
Wenn ich da nur an meine 2 Tage Wien im Juni 2025 oder an jede noch so kurze Berlin-Reise zu fast allen Jahreszeiten zurückdenke, hatte ich nie solche Probleme, weil zumindest in der Innenstadt ebenso wie in Charlottenburg, Grunewald und ich glaube auch in Friedrichshain nicht einmal solche Probleme hatte, weil selbst die unscheinbarsten U-Bahn Stationen noch richtig schön hergerichtet waren oder zumindest mit Stil beschmiert und abgenutzt sind. Wer nicht weiß, wovon ich rede, sollte sich unbedingt ansehen, was ich meine.
Klar sind auch die Monumente und Attraktionen in Berlin und Wien aufgehübscht und diese Städte haben genauso ihre Seiten die nicht charmant abgefuckt sondern einfach nur dreckig und ekelig sind. Und ja, auch Tokio und London wird sich zumindest derzeit ziemlich sicher nicht an meinen Paradies Vorstellungen messen lassen können.
Aber so extrem und in diesem Ausmaß hab ich diese Stadtprobleme bisher nur in Paris und in Wien nur in den Altstadtstraßen rund um die Hofburg und den Stephansdom erlebt. Und ich bin wirklich schon gespannt, ob London, eine Stadt die ebenfalls so einen Klassenkampf führt und von Überteuerungen und Snobismus durchzogen ist, diese Probleme nicht zumindest irgendwie ausgleiche kann. Laut meiner Freundin, die London liebt, sollte dies der Fall sein.
Trotz all diesen Problemen und der Tatsache, dass Paris vor allem als "Stadt der Liebe" - ich versteh diesen Beinamen bis heute nicht - eine so dermaßen überbewertete Fotokulisse ist, würde ich für ein paar Dinge sogar noch einmal dahin fahren. Der Kreisverkehr am Triumphbogen, die Welt des Louvre, die an ein Multiversum der Kunst erinnert, das Leuchten des Eiffelturms, die Architektur, die Küche... wenn man sich auf all diese Freizeitpark- und Märchenlandqualitäten fokussiert, kann man in Paris definitiv etwas Einzigartiges erleben.
Aber so als potenzieller Lebensraum oder als mehrmaliges Reiseziel kann ich es eigentlich nicht empfehlen. Da fahr ich lieber nochmal nach Prag, noch 50 mal nach Berlin oder schau mir endlich mal London oder Tokio an.
Paris ist eben kein "Paradise Of Bobby Storm"