Story von Lily Kiesswetter

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Zielland Dänemark
Geburtsdatum 06.02.2003
Kategorie
Hochschulbildung
Soziale Netzwerke

Lily Kiesswetter, am 10.09.2024 um 19:25

(1) Der Anfang

von Ideen, Vorbereitungen und einer Zugfahrt in ein fremdes Land

Schon seitdem ich klein war, wollte ich möglichst weit weg von zu Hause. Zuerst war es das Auslandsjahr in der Schule, welches aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich war, dann das Gap-year in London, das nach wenigen Wochen abgebrochen werden musste, da es mir mental nicht gut ging. Zum Studium nahm ich mir dann felsenfest vor mindestens ein Semester in den USA zu verbringen, komme was wolle.

Nach den ersten Gesprächen mit dem International Office an meiner Uni wurde aber schnell klar, dass Auslandssemester außerhalb von Europa nicht gefördert werden können und so, musste ich mir Gedanken machen, welche Länder mich noch reizten. Denn noch so eine Chance zu verpassen, kam nicht in Frage.

Viele Jahre schon kämpfe ich mit Depressionen und Ängsten, daher sagte meine Mutter eines Tages zu mir: „Im Norden sind die Leute so viel glücklicher als hier, vielleicht solltest du dorthin gehen.“ Was als Witz gemeint war, begleitete mich mehrere Tage als hartnäckiger Gedanke, bis ich davon überzeugt war, dass meine Mutter vielleicht Recht hatte. Vielleicht muss ich nach Skandinavien gehen und lernen, wie man glücklich ist.

War der Entschluss einmal gefasst, ging der Rest recht schnell. Unsere KoordinatorInnen für Auslandsaufenthalte haben mich stets sehr fürsorglich durch die einzelnen Schritte begleitet, das Learning Agreement war zügig unterschrieben und plötzlich stand fest, dass ich nach Dänemark ziehen werde.

Nach der ersten Freude, setzten schnell auch Ängste und Zweifel ein. Was, wenn ich keine Freunde finde und vier Monate allein sein werde? Was, wenn ich wieder früher als geplant heimkommen muss? Selbst meine besten Freundinnen hatten einige Zweifel und fragten mich mehrmals, ob ich mir sicher bin, dass ich das schaffe. Meine ehrliche Antwort darauf war „nein“, aber wegen dieser Angst, konnte ich nicht zu Hause bleiben, das hätte ich für immer bereut.

Also habe ich mich so gut wie möglich vorbereitet. Mit Hilfe von Familie und Freundinnen habe ich mein ganzes Leben in Boxen gepackt, zwei davon mit der Post nach Dänemark geschickt und den Rest im Keller verstaut. Ich habe die Website der Universität in Aarhus fast auswendig gelernt, so oft habe ich mir alle Informationen durchgelesen. Trotzdem war mir bewusst, dass egal was ich mache, es mich nicht perfekt vorbereiten wird, weil die Angst dazu gehört. An einen fremden Ort mit fremden Menschen zu ziehen ist aufregend und gruselig und vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum wir das überhaupt machen wollen.

Im Zug nach Aarhus schaute ich viel aus dem Fenster und stellte mir mein neues, dänisches Leben vor. Ich konnte es kaum erwarten Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern zu treffen, das erste Mal in meinem Leben allein zu wohnen und vor allem das dänische Schulsystem kennenzulernen. Wer werde ich sein, wenn ich mich nicht mehr über Freundschaften und mein Umfeld definieren kann? Kann ich FreundInnen finden, wenn nicht schon eine Verbindung über Ecken besteht? Ich fühlte mich bereit, all das herauszufinden. Und ich freute mich darauf.

einer der vielen traurigen Momente mit meinen Mitbewohnerinnen (beste Freundinnen) bevor ich ausgezogen bin