An unserem letzten gemeinsamen Abend saßen wir zu fünft in unserem Lieblingsrestaurant am Kanal in der Stadt. Wir hatten uns bei unseren letzten Besuchen schon mit einem Kellner angefreundet, der an diesem Tag enttäuscht darüber war, dass wir nur Eistee und Cola bestellten und nicht, wie sonst, Cocktails. Als ich ihm dann erklärte, dass ich am nächsten Morgen um fünf Uhr in einem Zug zurück nach Österreich sitzen würde und unser Auslandssemester schon zu Ende war, nickte er verständnisvoll und brachte uns zu den Getränken noch eine Schale mit verschiedenen Snacks. „I will miss you, girls“, sagte er dazu und half damit leider nicht der grundlegend traurigen Stimmung am Tisch.
Schon in den letzten Tagen und Wochen war es sehr real geworden, dass wir uns ziemlich bald nicht mehr jeden Tag sehen würden und über Videoanrufe und Nachrichten in Kontakt bleiben müssen. In jeder Unterkunft wurden Boxen gekauft, mit Habseligkeiten gefüllt und wieder in die Heimatländer geschickt. Den FreundInnen zu Hause wurde das Datum genannt, an dem wir wieder zurückkommen würden und leise schlich sich auch die Vorfreude in unsere Köpfe.
Es war seltsam, Traurigkeit und Vorfreude nebeneinander zu spüren. Auf der einen Seite würde ich ein Leben zurücklassen, dass es so nicht wieder geben würde. Aarhus ist eine tolle Stadt, aber ohne all die anderen Leute aus meiner Klasse, würde es nie das Gleiche sein, selbst wenn ich zurückkommen sollte. Diese Stadt, ohne die Menschen zu erleben, die den ganzen Aufenthalt geprägt haben, würde sich falsch anfühlen.
Andererseits kehrte ich zurück in die lebenswerteste Stadt der Welt, in der meine besten Freundinnen, mein Partner und ein warmer Sommer auf mich warteten. Die drei Dinge, die ich am meisten vermisst hatte.
Bei unserem endgültigen Abschied im Restaurant, hingen wir uns lange weinend in den Armen und versprachen uns, dass wir uns bald wiedersehen und gegenseitig besuchen würden. Ich habe selten so eine Verbundenheit zu Frauen gespürt. Wir haben in kurzer Zeit unfassbar viel zusammen erlebt und ich glaube keine von uns wird das je vergessen, auch wenn wir uns irgendwann aus den Augen verlieren sollten.
Jetzt bin ich seit ungefähr drei Monaten wieder in Wien. Es war ein seltsames Gefühl wieder zurückzukommen, weil ich mich verändert hatte, aber die Stadt und meine FreundInnen gleichgeblieben sind. Ich wollte allen dauernd nur von meinen Erlebnissen erzählen und noch immer fangen viele Sätze an mit: „Als ich in Dänemark war, da…“.
Der Auslandsaufenthalt hat etwas nachhaltig in mir verändert. Ich bin offener, selbstbewusster, stehe für mich ein und schätze das Leben mehr wert. Natürlich wurden meine Depressionen und Ängste nicht geheilt, so funktioniert das nicht, aber ich habe gelernt, was ich trotz dessen alles schaffen kann. Dass sie mich nicht als Person ausmachen und mich nicht bestimmen müssen. Dass es hilft, offen mit seinen Schwierigkeiten umzugehen und es immer Leute gibt und geben wird, die einen unterstützen wollen.
Wenn ich die Wahl hätte, würde ich Erasmus+ immer und immer wieder machen. Ich würde nichts an meinen Erlebnissen ändern und wünsche allen, dass sie eine so tolle Erfahrung wie ich machen können. Die Welt ist zu groß, um zu Hause zu bleiben.