Story von Melina Angermair

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Zielland Spanien
Geburtsdatum 18.06.1997
Kategorie
Hochschulbildung
Soziale Netzwerke

Melina Angermair, am 15.07.2024 um 11:27

Vivo en Valencia - mein Erasmus Semester in Spanien

„Was? Du gehst nochmal auf Erasmus?“ – Das war die Reaktion meines Bruders, als ich ihm von meinem Entschluss erzählte. https://we.tl/b-42Af5qREOC

Die Entscheidung, ein zweites Auslandssemester zu machen, war sehr spontan. Ich besuchte die Infoveranstaltung und dachte über mein vorheriges Semester in Finnland nach. Das war eine aufregende und besondere Zeit gewesen… warum also nicht noch einmal? Nach dem Aufenthalt in einem nordischen Land wollte ich nun den Süden erkunden. Aufgrund der Sprachbarriere fiel Italien für mich aus, sodass nur noch Portugal in Frage kam. Lissabon war meine erste Wahl, und eigentlich die einzige. Portugal war in allen Bereichen interessant, und ich war motiviert, mein Glück erneut zu versuchen. Doch mein Antrag wurde abgelehnt. Beim Erasmus-Gespräch dachte ich schon, dass es nicht klappen würde, aber dann fragte unsere Koordinatorin: „Haben Sie schon an Valencia gedacht?“ Das weckte sofort mein Interesse. Valencia! Das klang spannend… und das wurde es auch! Meine Freundin und Kommilitonin Sophia hatte denselben Prozess durchlaufen, und wir wollten dieses Abenteuer gemeinsam starten. Im achten Semester auf Erasmus zu gehen, wurde an der PHT von vielen als „keine gute Idee“ angesehen. Zum Glück ließen wir uns von diesen negativen Meinungen und Ängsten nicht beeinflussen und trafen damit eine der besten Entscheidungen überhaupt.

Die Ankunft in Valencia war angenehm, der Flug verlief reibungslos. Im Januar gab es noch Flüge von Innsbruck über Frankfurt, sodass wir nicht mit unseren zwei Koffern nach München fahren mussten. Vom Flughafen aus gibt es eine perfekte Metro-Anbindung direkt ins Zentrum. Da Sophia und ich gemeinsam in eine WG in El Cabanyal ziehen wollten, diese aber noch nicht bezugsbereit war, mussten wir vorher 10 Tage in einem Hostel, dem River Hostel, übernachten. „Das hat gute Bewertungen“, sagte Sophia, bevor wir es buchten. Etwas Teureres konnten wir uns als Studenten nicht leisten. Das Hostel machte einen guten Eindruck, und die ersten Tage waren auch in Ordnung. Ein kostengünstiges Frühstück konnte dazugebucht werden, was praktisch war, da die nächsten Supermärkte etwas weiter weg waren. Doch nach etwa sieben Nächten wurde uns das Hostel-Leben zu viel. Wir vermissten unsere Privatsphäre und die Möglichkeit, unsere Sachen nicht immer einschließen zu müssen. Das Frühstück war jeden Tag das gleiche und schmeckte uns bald nicht mehr. Unser einziges Ziel war es, endlich in unsere WG einzuziehen. Wir mussten schon im Januar in Valencia sein, da in dieser Woche die Welcome Week startete und wir alle notwendigen Informationen vor Ort brauchten.

In der ersten Uni-Woche wurde ich Teil der neuen Werbekampagne der Universidad Católica de Valencia und nahm an einem Fotoshooting teil, bei dem ich zufällig Julian aus Stuttgart kennenlernte. Er erweiterte unseren Freundeskreis um David und Anton, die sich als wichtige Personen herausstellten. Vor allem Julian und David unterstützten uns in unserer Hostel-Zeit. Am zehnten Tag konnten wir endlich in unsere WG einziehen und waren erleichtert. „Das ist ja ein Traum“, sagte Sophia, als sie ihr eigenes Zimmer bezog. Am nächsten Tag machten wir sofort einen Ausflug zu IKEA.

Die Zeit verging wie im Fluge und in der Zwischenzeit hatten wir uns nicht nur sehr gut in unserem Viertel El Cabanyal eingelebt (das nicht immer den besten Ruf wegen angeblicher Kriminalität hatte), sondern auch viele neue Freunde gefunden. Dies war besonders leicht über die verschiedenen Erasmus-Portale auf Facebook und WhatsApp-Communities von „Erasmus-Vibe“, einer Erasmus-Organisation in Valencia. Über diese Gruppen fand ich auch unsere WG, und wir konnten auch so mit vielen Menschen in Kontakt treten. So lernten wir auch Denise, eine Studentin aus Wien, kennen. Wir verstanden uns gut und besuchten im Laufe der Wochen Partys, Abendessen und andere Erasmus-Veranstaltungen, die uns zu unserer Freundesgruppe führten. Bald waren wir zehn Mädchen aus verschiedensten Ländern, die zueinander gefunden hatten. Internationale Themen-Dinner-Abende und Bar Nächte gemeinsam waren wöchentlich am Programm. In Valencia war es besonders leicht jeden Tag etwas zu unternehmen, denn die Kultur und die Stadt boten so viele Festivitäten und Veranstaltungen, die einem nicht nur in die Traditionen Spaniens einen Eindruck liefern, sondern auch einem das Erasmus Leben verschönern. Es wurde einfach nie langweilig.

Die Uni startete nach der Einführungswoche am 12. Februar mit den Kursen. Wir begannen mit unserem Spanischkurs (A1-Niveau), da wir die Sprache erstens selbst lernen wollten und zweitens ohne Spanischkenntnisse in Valencia Schwierigkeiten hatten. Mit Englisch und Gestikulieren kamen wir zwar manchmal durch, aber langfristig ist ein Leben in Valencia ohne Spanischkenntnisse kaum möglich. Der Spanischkurs war großartig, spannend und interessant. Unser Lehrer Juan verstand es nicht nur, uns gut zu unterrichten, sondern erzählte uns auch viel über Valencia und die Kultur. Dadurch erhielten wir viele wertvolle Tipps und Informationen.

Die Uni bot auch ein Buddy-Programm an, über das wir unsere Buddy Gema kennenlernten. Sie war eine sehr offene Valencianerin, die zwar auch nicht gut Englisch sprach, aber alles gab, um mit uns zu kommunizieren. Unsere Kurse waren hauptsächlich Sportkurse, da wir im achten Semester den Sportschwerpunkt hatten und die notwendigen ECTS abdecken mussten. Diese Kurse fanden an der Fakultät für Bildungs- und Erziehungswissenschaften in Burjassot-Godella statt, die leider 50 Minuten von unserem Zuhause entfernt war. Die Fahrt dorthin dauerte immer etwas, doch mit der Zeit gewöhnten wir uns an die Metrofahrten. Der Unterricht an der Uni war interessant und auf Englisch, was uns das Lernen erleichterte. Zwar hielten sich nicht alle Professoren strikt an das „English Only“-Gesetz, aber es gab immer die Möglichkeit zur Übersetzung.

Wir erhielten auch Einblicke in die frühkindliche Bildung, da das spanische Bildungssystem Kindergarten und Vorschule als Übergangsstufen verbindet. Ein Praktikum war ebenfalls für uns geplant, allerdings sehr spät im Mai. So bestand ein ganzer Monat ausschließlich aus Unikursen und einem Ganztages-Praktikum von 9:00 bis 17:00 Uhr, dreimal die Woche, was im Erasmus natürlich etwas viel wurde. Das Praktikum war jedoch sehr spannend und ganz anders als zuhause, da hier der Fokus mehr auf uns als Studentinnen lag und wir selbst entscheiden konnten, was wir lernen und durchführen wollten. Besonders das spontane Unterrichten und die Übernahme einiger Englischstunden machten mir großen Spaß, weil wir uns hier ohne die strikten Vorgaben wie zuhause richtig gut austesten konnten. Besonders interessant war, dass nicht alle Schulen hier Englisch unterrichteten, da dies ab einer gewissen Schulstufe offenbar nur noch freiwillig ist. Stattdessen wird Valencian, die regionale Landessprache, unterrichtet, die laut Juan dem Katalanischen sehr ähnlich ist.

Das Studentenleben in Spanien ist unglaublich. Es gibt so viele Traditionen, Feiern und Feste sowie spezielle Feiertage, an denen die ganze Stadt gemeinsam feiert. Das bekannteste Fest in Valencia, das ich miterleben durfte, war eindeutig Fallas. Den ganzen Monat März wird gefeiert, und es werden Feuerwerkskörper gezündet. In der ganzen Stadt werden Figuren zu einem vorher festgelegten Thema aufgestellt, die von den einzelnen Gilden gebaut und in mühevoller Handarbeit bemalt werden. Jede Gilde hat ihre „Fallera“, eine Frau, die die traditionelle Tracht zu Fallas trägt und für das Voting der Gewinnerin der Stadt Valencia antritt. Die Fallera der Stadt Valencia erhält dann ein Gemälde im Fallas-Museum, wo sie ausgestellt wird. Sie ist verantwortlich für die korrekte Repräsentation und Durchführung aller Fallas-Aktivitäten und muss ihre Wurzeln in Valencia haben. Dazu ist die Stadt auch sehr katholisch-religiös. Das sieht man nicht nur in Fallas, sondern auch den restlichen Teil des Jahres in der Schule.

Auch der Sport und das Laufen, meine große Leidenschaft, kamen in Valencia nicht zu kurz. Meine Laufstrecken führten vom großen 14 km langen Turia-Park bis hin zu den Stränden Playa Cabanyal, Playa Malva-Rosa und Playa Patacona. Da wir in der Nähe des Strandes wohnten, war diese Strecke für mich perfekt. Auch einige Wettkämpfe gab es in Valencia. So nahm ich am Carrera de la Mujer, dem größten Frauenlauf, teil und freute mich riesig über den Support einiger Freundinnen. Beachvolleyball war ebenfalls eine beliebte Aktivität hier. Wir durften auch eine Freundin bei einem Wettkampf am Strand unterstützen.

Während unseres Aufenthalts hatten Sophia und ich die Möglichkeit, einige Ausflüge zu machen. Mit ESN und Erasmus Life Valencia (Organisation) fuhren wir nach Marokko, Ibiza, Peñíscola, Montanejos, Menorca und zur Insel Tabarca, wo wir viel erlebten. Besonders die Reisen nach Marokko und Ibiza sind uns in Erinnerung geblieben und machten dieses Semester zu einem unvergesslichen Highlight. Unsere Freunde begleiteten uns stets.

Spanien, insbesondere Valencia, ist im Grunde eine Studentenstadt und insgesamt von den Fixkosten und Lebenshaltungskosten her etwas günstiger als Innsbruck. Es ist jedoch immer gut, etwas gespart zu haben – vor allem für die Ausflüge. Diese sind zwar auch deutlich vergünstigt für Erasmus-Studenten, aber trotzdem nicht umsonst. Es ist also gut, etwas zu sparen.

Dieses Erlebnis möchte ich nicht missen, und alle Menschen, die ich kennenlernen durfte, sowie die Erfahrungen, die ich gemacht habe, sind nun wieder ein großer Teil meines Lebens. Ich kann nur jedem empfehlen das beste aus seiner Studienzeit rauszuholen und das ist eindeutig in einem oder so wie bei mir – auch in zwei Erasmus Semestern drin!