Story von Nadine Steiner-Schütz

 Profil anzeigen
Zielland Frankreich
Geburtsdatum 05.03.1992
Kategorie
Schulbildung
Soziale Netzwerke

Nadine Steiner-Schütz, am 26.09.2023 um 12:27

Happy Teachers

Ein Text über Mindfulness, Work-Life Balance und fast vergessenen Passionen.

Eine Lehrerfortbildung in Frankreich zu Well-being und life-skills? Da weiß ich nicht einmal was das sein soll,“ sagt eine Freundin lachend. Ich lächle, aber so genau weiß ich das zu dem Zeitpunkt eigentlich auch nicht. Aber „Happy Schools“ – das klang interessant, neu, positiv - eine Abwechslung vom Alltag direkt an der Cote d’Azur. Am Tag der Abreise ist meine Vorfreude riesig und die Erwartungshaltung dennoch gering. Fünf Tage Kurs – was soll der schon großartig bewirken?

Eher ich mich versehe lande ich in Nizza und sitze bald darauf im Kurs. Es fallen Begriffe wie Positive Psychology, Mindfulness, Life-long learning. Ich mache mir fleißig Notizen, zum Flow und Zeitmanagement, zu wertschätzendem Umgang und Konfliktlösung. Das Setting ist positiv, die Gruppe eine bunte Mischung und die Kursleitung schäumt über vor Elan. Die Vormittage vergehen, die Nachmittage verbringe ich am Strand und in der Stadt, es geht nach Monaco, Cannes und Antibes. Es gibt gutes Essen, nette Gespräche und viele neue Eindrücke.

Am 3. Tag kaufe ich mir einen Muffin und Kaffee und frühstücke am Strand bevor der Kurs wieder losgeht und ich bin mir sicher: Dieser Tapetenwechsel war genau das Richtige. Ein neuer Kurstag beginnt und wir sollen über unsere Work-life balance nachdenken. Ich blicke auf von meinen Notizen, welche die Aufteilung in sieben Bereiche vorsieht. Statt über die Konzepte nachzudenken, sollen wir einen Blick auf uns selbst werfen. Das Thema schlägt Wellen bei mir bis in den Nachmittag. Ich liege am Strand und denke über meine work-life balance nach. Wie oft vernachlässigt man im Berufsalltag seine sleep time oder wertvolle connecting time mit seinen Liebsten? Wie essenziell es ist, sich Zeit zu nehmen um etwas ohne Ziel zu machen, das bleibt hängen bei mir. Ich denke darüber nach wie ich gut zwei Jahre an meinem Buch geschrieben habe. „Being Badger“ war ein Herzensprojekt, das ich ursprünglich nicht geschrieben hatte, um es zu veröffentlichen, sondern einfach, weil mich das Schreiben glücklich gemacht hat. Dass es auch bei solchen Dingen um psychische Gesundheit und Ausgleich geht, darüber hatte ich zuvor nicht nachgedacht.

Am nächsten Tag üben wir Mindfulness. Ich bekomme eine Palette Wasserfarben und einen Pinsel. Ich setze mich in den Schatten und beginne zu malen. „Das sieht aus ls würdest du öfter malen,“ stellt ein Kurskollege fest. Ich starre auf mein Bild. 40 Minuten sind vorbei gegangen als ob es nur ein Augenblick gewesen wäre. Ist das dieser Flow von dem unsere Kursleitung gesprochen hat? „Nein, eigentlich habe ich seit gut 15 Jahren nicht mehr gemalt,“ sage ich leise, mehr zu mir selbst als zu ihm. Ich starre immer noch auf mein Bild. Warum ist es eigentlich so lange her? Zeichnen und Kunst habe ich als Teenager geliebt. Doch dann kam Maturastress und Studiumsstress und Arbeitsstress und ein Berg an Ausreden warum kein Platz mehr zum „einfach nur Malen“ ist. Doch diese letzten 40 Minuten haben etwas gemacht mit mir. Wie wäre es wohl, wenn man diese Momente den SchülerInnen im Unterricht ermöglicht? Etwas tun, nicht für die Note, nicht für die Mitarbeit sondern weil man darin aufgeht, ein Gefühl von Glück empfindet? Ich gebe die Wasserfarben mit einem Lächeln zurück und dem Plan mir unbedingt Wasserfarben zu besorgen, wenn ich wieder Zuhause bin. Vielleicht gibt es ja meine aus der Schulzeit noch, in einer vergessenen Box irgendwo im Keller.

Die letzten Tage vergehen und fast schon wehmütig hebt das Flugzeug zurück in die Heimat ab. Ich nehme mir fest vor, etwas von dieser erlebten Mindfulness in den Unterricht zu tragen aber auch mir Zeit für mich selbst zu nehmen, um das was ich liebe zu machen, das Schreiben und das Malen. Nicht für irgendwen anderen, sondern einfach nur für mich. Denn: Happy teachers make happy schools and happy schools make happy students.