Wenn ich so zurückdenke, was meine ersten Verbindungen mit meinem jetzigen Gastgeberland waren, fällt mir spontan folgende charmante Abkürzung ein: BeNeLux. So geeignet diese Eselsbrücke auch zum Auswendiglernen im Geographieunterricht gewesen sein mag, so wenig hat sie mich in weiterer Folge dazu motiviert mich tiefergehend mit diesem Land auseinanderzusetzen.
EU, Brüssel (auch oft als Synonym für EU verwendet), Bier, Schokolade, Waffeln und Pommes - diese Wörter stehen - wenn man tief in sich geht und hoffend auf Antworten alle noch so kleinen elektrischen Impulse seiner Gehirnzellen abwartet - sinnbildlich für das, was man am ehesten noch mit diesem Land verbindet.
Bevor du jetzt deine Schulbildung hinterfragst oder sofort webbasierte Suchdienstleistungen zu rat ziehst, muss ich eines klarstellen:
Diese Klischees stimmen auf den erste Blick voll und ganz. In Liège (was übrigens auch Lüttich oder Luik genannt werden kann) habe ich die Liebe zu belgischem Bier kennengelernt und dabei auch eine beeindruckende Versorgungsqualität – vergleichbar mit jener von Supermärkten in Wien - mit Waffeln und Pommes (übrigens heißt es korrekt „Frites“) bestaunt.
Aber wie es eben mit Klischees so oft ist, spiegeln sie einerseits oft falsche Tatsachen wider und verdecken andererseits viele andere spannende Eigenheiten. Deswegen werde ich mit diesem und den kommenden Beiträgen versuchen euch Belgien und damit meine Erfahrungen hier näherzubringen. Um das ganze ein bisschen greifbarer zu machen will ich dabei den Vergleich mit Österreich wagen – und man wird schnell erkennen, dass Belgien mehr mit Österreich gemein hat als man so glauben könnte.
Wenn ich euch jetzt zum Beispiel die Frage stelle, wieviele Einwohner*innen denn Belgien auf welcher Fläche versammelt, dann traue ich mich wetten, dass die Großzahl der – ehrlich und ohne Hilfe von Suchplattformen getätigten – Schätzungen daneben liegen.
Während Österreich flächenmäßig weit mehr als doppelt so groß wie Belgien ist, kann euch eine Menge an Personen so groß wie die ganze Bevölkerung Österreichs plus derer von Slowenien auf mindestens drei verschiedenen Sprachen sagen, dass er*sie, Belgier*in ist. Verrückt oder?
In Zahlen ausgedrückt macht das dann ca. 30.500 m² Fläche und ca. 11 Mio. Einwohner*innen. Aber da war doch noch was? …
Und mit einem meiner Lieblingsthemen möchte ich meinen ersten Teil des Belgientrips abschließen – der Sprache.
Nehmen wir an eine Frau und ein Mann sprechen im jeweiligen Dialekt miteinander. So könnte man – wohl auch zurecht – darüber scherzen, dass eine Wienerin einen Vorarlberger und umgekehrt nur mit überdurchschnittlichem Denkaufwand und einer Menge an Fantasie, in etwa verstehen kann. Wer denkt, dass diese sprachlichen Barrieren innerhalb Österreichs gravierend Sinn, hat dabei noch keinen ernsthaften Blick nach Belgien gewagt. Hier bestehen nämlich – ähnlich wie in der Schweiz – massive, meterhohe linguistische Grenzmauern, die es erst mal zu überwinden gilt, will man mit seinem Gegenüber sinnerfassend über das Mittel der durch Laute erzeugten Sprache kommunizieren.
Neben dem Wallonischen (= französisch) und dem Flämischen (= niederländisch) wird hier nämlich noch Deutsch gesprochen. Wobei etwa doppelt so viele Personen als Bewohner*innen von Flandern gelten als von Wallonien und der Anteil der Deutschsprachigen sehr gering ist.
Klingt kompliziert? Ist es auch! Und aufbauend auf den sprachlichen Unterschieden kann man auch so manch spannende Verknüpfungen und Auswirkungen in andere Lebensbereiche analysieren. Aber dazu mehr in einem anderen Tagebucheintrag.
Liebe Grüße aus Liège – übrigens eine Stadt im französischsprachigen Wallonien.