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Story von Nina Masaya

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Zielland Portugal
Geburtsdatum unbekannt
Kategorie
Studierende/r
Soziale Netzwerke

Nina Masaya, am 06.06.2019 um 10:53

Medizin studieren in Lissabon

Da heute mein letzter Tag an der Uni ist, schreibe ich etwas über das Studium hier.

Man hat eine grobe Vorstellung und ein paar Erwartungen an das Studentenleben im "Erasmusland". Was hat sich als "richtig" und was als "falsch" herausgestellt? Und gab es Überraschungen?

Erwartungen:

- ruhigeres Arbeiten, mehr Pausen, weniger Stress

- freundliche Menschen

- weniger Struktur und Ordnung

- Unpünktlichkeit

- schlechtere hygienische Verhältnisse


Realität:

- als ruhiger empfand ich das Arbeiten nicht, da das Verhältnis von Patienten pro Arzt größer war. Es kam auch vor, dass Patienten (ambulant) den ganzen Vormittag warteten und dann wieder heim geschickt wurden.

- Mehr und längere Pausen gab es auf jeden Fall

- Studenten nahmen sich sehr, sehr, seeeehr viel Zeit um einen Patienten nach seiner Krankheitsgeschichte zu fragen (meine Geduld wurde hier auf jeden Fall trainiert)

- "freundliche Menschen": das kann man nicht pauschalisieren. Auch hier hatte ich viele Professoren die extrem freundlich waren und andere die einen schlechten Tag hatten. Ich bemerkte aber, dass man hier schneller erkennt wie ein Mensch "gelaunt" ist. 

- Unpünktlichkeit: Da Lissabon eine Stadt mit viel Verkehr ist, kann man die Unpünktlichkeit (10- 30 Minuten zu spät ist noch normal) verstehen. Aber auch nach Mittagspausen ist es gewöhnlich, dass Leute echt viel zu spät kommen. Es gab viele Professoren, die das versuchen zu ändern.


Besonderheiten:

- Man hat hier Krankheitsbilder gesehen, die ich in Österreich wohl nie sehen werde. Die ehemaligen Kolonien in Afrika (Angola, Mosambik, Cabo Verde,...) haben Zugang zum Gesundheitssystem in Portugal. Das heißt wer schwer krank ist, überlebt und genug Geld für die Reise spart kommt nach Portugal. 

Patientenbeispiel: So sah ich zum Beispiel ein Teenager mit dem Herz auf der rechten Seite. Wir würden sofort an einen "Situs inversus" denken, eine seltene Kondition in der schon in der Entwicklung alle Organe auf der anderen Seite angelegt werden. Dies wäre eine Zilienpathologie, bei der die Bewegungen von kleinsten Strukturen gegenläufig sind. Hier hatten wir aber eine Fistel zwischen Ösophagus und der rechten Lunge (eine Verbindung zwischen Speiseröhre und Lunge). Jede Mahlzeit hat also eine Infektion in der rechten Lunge ausgelöst. Die linke Lunge kompensiert und dehnt sich aus und schiebt das Herz sozusagen auf die rechte Seite.

- Der Unterricht für die Studenten ist hier sehr gut.  Kleingruppen (ca. 5 Studenten) werden je von einem Professor betreut und man bekommt Unterricht direkt am Patientenbett.

- Die Studenten hier lernen sehr viel. 

Zusammenfassung:

- Es hat sich gelohnt :) 

Das Krankenhaus an dem ich studiert habe: Hospital de Santa Maria