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Story von Pauline Unterleitner

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Zielland Spanien
Geburtsdatum 11.08.1996
Kategorie
Studierende/r
Soziale Netzwerke

Pauline Unterleitner, am 16.11.2017 um 20:35

Uni-Herausforderungen in Sevilla

Fast 2 Monate nach Unibeginn ist langsam der Alltag eingekehrt & nun erzähle ich euch, welche Herausforderungen ich in den letzten Monaten zu bewältigen hatte.

Bevor ich mich auf den Weg nach Sevilla machte, schien die größte Herausforderung für mich die Wohnungssuche zu sein. Über die Uni machte ich mir nie große Gedanken, schließlich hatte ich ja mein Learning Agreement mit fünf Vorlesungen ausgefüllt und die würde ich bestimmt nicht ändern müssen, da mich die Vorlesungsthemen sehr interessierten. Die Wohnungssuche funktionierte am Ende wie am Schnürchen, ich kam in meiner für mich reservierten Wohnung an, die Mitbewohner waren super nett und mein Zimmer machte auch einen netten Eindruck. “Na dann, kann ja nicht mehr viel schief gehen“, dachte ich mir vor zwei Monaten. Wenn ich gewusst hätte, was noch alles auf mich zukommen würde und dass ich das Learning Agreement nicht nur ein einziges Mal ändern müsste, hätte ich wahrscheinlich anfangs die Nerven ins Eck geschmissen. Die Schwierigkeiten, an denen ich im Rückblick sehr gewachsen bin, nun der Reihe nach:

1) Am zweiten Tag meines Erasmus-Aufenthaltes machte ich mich, so wie alle anderen, auf den Weg ins Centro Internacional, das als erste Anlaufstelle für Erasmus-Studenten gilt. Dass dort ein unübersichtlicher, riesiger Haufen von Menschen anzutreffen war, die anscheinend drei Reihen zuzuordnen waren, erschreckte mich zuerst, doch nach einer spanischen Dreiviertelstunde war ich endlich an der Reihe. Ich füllte ein Dokument mit den Vorlesungen aus, die auch in meinem Learning Agreement von zu Hause standen, suchte mir noch den passenden Spanisch-Kurs aus, den ich belegen wollte, trug ihn ebenfalls im Dokument ein und war dann auch schon fertig.

2) Dann wurde mir folgende Nachricht übermittelt: “Es ist nicht möglich, mehr als zwei Vorlesungen aus anderen Fakultäten zu wählen“. Mist, meine fünf Vorlesungen stammten aus drei Fakultäten... Das würde ich wohl ändern müssen. Also beschloss ich, nur Vorlesungen aus der Facultad de Filología Hispánica und eine aus Historia zu wählen, da mir zu Ohren kam, dass die Medienuni (aus der meine vorigen Vorlesungen stammten), ein bisschen entlegen ist. 

3) Ich machte mich auf der Homepage der Universität über andere Vorlesungen schlau, fand einige sehr interessante und machte mich auf den Weg zur Universidad de Sevilla, wo ich am "Erasmus-Schalter" ein Dokument namens "Cambio de Matrícula" mit meinen neu ausgesuchten Vorlesungen ausfüllte. Wichtig ist es, sich davor die Nummer der Vorlesung, Name und passende Gruppe (es gibt nämlich immer mehrere Gruppen, die zu unterschiedlichen Zeiten entweder am Vormittag oder Nachmittag stattfinden) rauszusuchen, damit das am Schalter schneller geht und man sich dann nicht noch einmal einreihen muss. 

4) Endlich konnte die Uni starten und ich ging zu meiner ersten Vorlesung, bei der leider auf der Homepage kein Raum angegeben war. “Naja macht nichts, wird schon irgendwo in der Uni angeschrieben sein bzw. wird mir bestimmt jemand sagen können, wo sie stattfindet“, so dachte ich zumindest. Nirgendwo war jedoch meine Vorlesung angeschrieben und die vier Leute, die ich fragte (inklusive dem Sekretariat), konnten mir auch keine genauere Auskunft geben. Schlussendlich erbarmte sich der “Hausmeister“ und durchsuchte mit mir, während er mich in andalusischem Dialekt aufmunterte, das gesamte Gebäude, um meinen Professor zu finden. Der saß schließlich in einem kleinen Büro und fragte sich wohl, wer denn jetzt in seiner vorlesungsfreien Zeit etwas von ihm bräuchte. Eine Erasmus-Studentin, die nicht wusste, dass, wenn keine Angabe bezüglich des Raumes dabei steht, der Kurs in diesem Semester nicht angeboten wird... Frustriert machte ich mich auf den Heimweg, wo ich herausfand, dass meine anderen Kurse auch keine Raumnummer beinhalteten... Also hieß es nochmals Vorlesungen suchen.

5) Mit neu ausgewählten Vorlesungen machte ich mich ein paar Tage später wieder auf den Weg zur Uni. Diesmal beschloss ich, mir alle Vorlesungen erst anzusehen und dann zu entscheiden, welche ich wirklich belegen würde. In meiner ersten Vorlesung hing ich zwei Stunden lang an den Lippen des andalusischen Professors, ohne nur einen Satz zu verstehen. Das konnte doch nicht sein! Ich hatte nie Verständnisprobleme bei Spaniern und nun so etwas. Gleich nach der Vorlesung beschloss ich zu wechseln, denn wie sollte ich eine Klausur bestehen, wenn ich nicht einmal den Inhalt verstehe. Meine zweite Vorlesung über die Sprachen der Welt schien ganz interessant zu sein, der Professor war sehr nett und ich war mir sicher, im Kurs zu bleiben. Auch die anderen Vorlesungen waren gut und ich hatte den Eindruck, dass nun endlich alles in Ordnung sein würde.

6) Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase entschied ich, mich nun endgültig für die Kurse, die mir gefielen, zu matrikulieren. Leider war die Vorlesung über die Sprachen der Welt, die mir am besten gefiel, schon voll. Das konnte doch nicht wahr sein! Also wurde ich zuerst (ohne zu fragen) einfach in die Gruppe 2 eingetragen (die sich zeitlich überhaupt nicht ausging) und eine Woche später in die zeitlich besser passende Gruppe 3 mit einem anderen Professor eingetragen, die mir aber gar nicht gefiel... Auf erneute Nachfrage eine Woche später, wurde mir gesagt, dass in der Gruppe 1 wieder ein Platz frei wäre, den ich sofort annahm. Gott sei Dank!

7) Mehrere Wochen besuchte ich nun dieselben Vorlesungen, bis sich eine als für mich völlig unbewältigbar herausstellte. 30 Seiten Arbeit pro Person, eine Abschlussklausur und jede Woche Hausarbeiten, die sehr theoretisch und schwierig waren. Ich war mir sicher, dass ich diese Vorlesung als Erasmus-Studentin (die froh ist, wenn sie den andalusischen Dialekt versteht) nie bestehen könnte. Deshalb nahm ich allen Mut zusammen und wechselte ein letztes Mal in eine Vorlesung über Theater. Doch diesmal musste ich auch mein Learning Agreement nochmals bearbeiten, da dieses schon fix und fertig abgeschickt war... 

Wie an meiner ausführlichen Schilderung zu sehen ist, war der Unistart für mich hier in Sevilla kein leichter. Mir sind viele graue Haare gewachsen und nur der Tinto de Verano und nette Gesellschaft am Abend bzw. Ausflüge am Wochenende konnten meine Unisorgen vom Tag wieder gut machen. Doch nun sollte endlich alles geregelt sein! :-)

Im Rückblick kann ich aber nur eines darüber sagen: Ich bin an diesen Herausforderungen wirklich sehr gewachsen! Auch, wenn diese anfangs noch so unüberwindbar schienen, kann ich nun von mir behaupten, dass ich es geschafft habe und alles so hinbekommen habe, wie ich es wollte! Erasmus hat mir die Möglichkeit gegeben, über meine Grenzen hinauszuwachsen und mit Dingen konfrontiert zu werden, die ich so anfangs noch nie erlebt hatte.